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  BLOG 25-01-2022

“Wir nehmen keine KI, weil es eine KI ist. Wichtig ist, dass es zu uns passt.”

Die Wahl eines Anbieters für technologische Lösungen hängt immer vom individuellen Anwendungsfall ab. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist das Pilotprojekt zwischen Industrial Analytics und den Berliner Wasserbetrieben.

Seit einigen Jahren finden neue digitale Technologie immer Anwendung. Die passende Technologie und vor allem den Anbieter zu wählen, ist nicht immer leicht. Das Spektrum an Lösungen ist breit. Die entscheidende Frage ist aber nicht, welchen Anbieter wähle ich, sondern welcher Anwendungsfall liegt vor und welche Erwartungen muss eine solche Lösung abdecken. Christopher Dreke und Marco Nörenberg von den Berliner Wasserbetrieben ziehen ihr erstes Fazit nach dem Pilotprojekt in der zweitgrößten Kläranlage der Wasserbetriebe in Schönerlinde bei Berlin, wo Industrial Analytics einen Verdichter im Klärwerk überwacht.

Herr Dreke, Sie sind bei den Berliner Wasserbetrieben für die strategische Umsetzung zuständig und dazu gehört auch auf neue Technologien zu setzen. Vor welche Herausforderungen stellt Sie das?

Christopher Dreke: Der Markt bietet ein breites Angebot an neuen Technologien und für die Berliner Wasserbetriebe stellt sich die Frage, welche wählen wir aus? Aktuell besteht ein Überangebot an Automatisierungslösungen. Wir sind auf Industrial Analytics durch ein Start-up Scouting mit den Partnerunternehmen Hamburg Wasser und Gelsenwasser gestoßen. Aus einer Shortlist konnten dadurch zielgerichtet Start-ups zum Thema Predictive Maintenance auswählt werden. Für uns stehen bei der Auswahl die Fragen im Vordergrund: Was macht Sinn? Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus? Was passt zu uns? Oberflächlich betrachtet haben viele Unternehmen die gleichen Problemstellungen. Der Teufel steckt im Detail. Wir haben als Berliner Wasserbetriebe spezielle Herausforderungen.

Die Berliner Wasserbetriebe betreiben systemkritische Infrastruktur. Wie können KI-Lösungen dabei helfen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten? Und vor allem wie bringen Sie ihre Mitarbeiter dazu diese auch anwenden zu wollen?

Christopher Dreke: Ausfälle von Anlagen sind der Worst Case für uns. Besonders am Wochenende oder an Feiertagen, weil dann weniger Personal auf der Anlage ist. KI kann dabei helfen, diese Ausfälle zu vermeiden. Aktuell haben wir noch nicht den Punkt erreicht, an dem wir einer KI die Entscheidung überlassen. Wir sehen sie als Entscheidungshilfe. Die Erfahrung und Entscheidung der Mitarbeiter muss mit einfließen.

Marco Nörenberg: Zum Beispiel im Pilotprojekt Schönerlinde, wo wir mithilfe von Industrial Analytics im Rahmen eines Pilotprojektes einen Verdichter überwachen. Wir beginnen mithilfe des KI-Algorithmus die gleichen Diagnosen zu stellen wie mit unserem Personal. Nur dauert das ohne KI-Algorithmen viel länger und der Personalaufwand ist groß. Für eine erfolgreiche Umsetzung muss ein gut funktionierendes Praxisbeispiel erarbeitet und den Anlagenverantwortlichen präsentiert werden.

Christopher Dreke: Bei der Umsetzung einer solchen Technologie ist die Einbeziehung der Mitarbeiter und eine enge Beziehung wichtig. Mit einfach nur ausrollen, haben wir negative Erfahrungen gemacht. Wenn das Anlagenpersonal nicht überzeugt ist, funktioniert es nicht.

Was sind Motive oder Beweggründe, um eine solche Technologie anzuwenden? Wonach treffen Sie die Entscheidung?

Marco Nörenberg: Klimaschutz, Begegnen des demographischen Wandels innerhalb der Belegschaft und Wirtschaftlichkeit sind Motive, die Leistungsfähigkeit solcher Technologien im realen Umfeld zu erproben und damit in Zukunft eine Entlastung zu erhalten.

Christopher Dreke: All diese Faktoren und besonders die umwelttechnischen haben wir im Blick und vergleichen verschiedene Verfahren und Methoden bei der Entscheidungsfindung. Wir nehmen keine KI, weil es eine KI ist. Wichtig ist, dass es zu uns passt. Wenn KI das Mittel der Wahl ist, dann machen wir das auch.

Mit Industrial Analytics überwachen Sie einen ihrer Verdichter mit nachgerüsteter Schwingungstechnik. Was wurde dort genau gemacht und welche strategischen Ziele waren damit verbunden?

Marco Nörenberg: Verdichter sind essenziell für die Abwasserreinigung, daher sind sie besonders kritisch und ihre Wartung ist teuer. Wir wollten daher unserem Betreiber beweisen, dass das Einsparpotenzial bei den Wartungen und das Streckungspotenzial der Wartungszyklen groß ist, zum Teil sogar verdoppelt werden kann. Wir haben mit Industrial Analytics einen einfachen und leichten Piloten aufgebaut, der im Prinzip wie ein EKG an der Maschine fungiert und uns tiefere Einblicke in die Maschine gibt und uns sagt, was im Inneren der Maschine passiert und Zustandsänderungen detektiert. Gelernt haben wir, dass die Kalibrierung der Analyse deutlich länger gedauert hat als ursprünglich erwartet.

Und was erhoffen Sie sich in Zukunft aus der Kooperation mit Industrial Analytics?

Christopher Dreke: Was wir gelernt haben ist, dass die Technologie ihre Daseinsberechtigung hat. Es kann aber keine Plug-and-play-Lösung sein, das liegt allein schon an den unterschiedlichen Anlagen. Wir müssen längere Zeit zusammenarbeiten und müssen gegenüberstellen, ob das Verhältnis zwischen dem Nutzen des Systems und seiner Wirtschaftlichkeit stimmt.

Marco Nörenberg: Der Wissenszuwachs für die Wasserbetriebe durch die Zusammenarbeit mit Industrial Analytics war für mich der größte Erfolg. Und natürlich zu zeigen, dass eine sensorische Zustandsüberwachung, KI-gestützt, einen Mehrwert gegenüber der aufwendigen manuellen Analyse bringt. Im Dashboard sehen wir, dass der Zustand der Maschine gut ist. Wir bekommen eine aktive Information, wenn sich Messwerte in einen kritischen Bereich verändern. Und das Ganze nicht auf Basis fixer Maximal- oder Minimalwerte, sondern dynamisch in Abhängigkeit des aktuellen Maschinenzustandes. Diese Indikatoren für Zustandsänderungen sind wichtig, um reale Fehler zu detektieren und spätere Totalausfälle zu vermeiden.