In der 14. Ausgabe des jährlich erscheinenden Reports “Technology Predictions 2021” hat GP Bullhound gemeinsam mit allen internationalen Büros inkl. der Standorte Hongkong, New York und San Francisco wieder die aus unserer firmenweiten globalen Sicht zehn wichtigsten Trends identifiziert, welche die Tech-Branche in diesem Jahr prägen werden. Von der Digitalisierung im Klassenzimmer und stetigem Wachstum des Digital Bankings über den Boom im Social Gaming-Bereich bis hin zum Arbeitsplatz der Zukunft analysieren wir die Entwicklungen und Innovationen im globalen Technologiesektor. Julian Riedlbauer, Partner und Leiter der deutschen Niederlassung des global führenden Technologie-M&A-Beraters und -Investors GP Bullhound, hat uns die Trends beim letzten #ruhrSUB für 2021 bereits vorgestellt. Den Stream kannst du dir nachträglich gerne auf unserem YouTube-Channel ansehen.
Die Pandemie hat die Notwendigkeit an Lösungen im Bereich Online Education aufgezeigt, von der sowohl Schüler, Lehrer aber auch Eltern profitieren können. Weltweit haben über 90% aller Länder aufgrund der Pandemie Fernunterricht eingeführt, dennoch sind mindestens 463 Millionen Menschen weltweit nach wie vor aufgrund des Mangels an koordinierten Maßnahmen oder fehlender Ausrüstung von Bildung abgeschnitten.
Unternehmen wie BYJU erstellen personalisierte Lernprogramme für Kinder, basierend auf ihren Fähigkeiten. Google Classroom erleichtert und verbessert die Organisation von Schülern und Lehrern dank einer benutzerfreundlichen Anwendung, die auf allen Endgeräten nutzbar ist.
Venture Capital Investoren haben das globale Wachstum im EdTech Bereich stark beschleunigt, und im Jahr 2020 werden schätzungsweise mehr als 10 Mrd. Dollar in diesen Sektor geflossen sein. Denn allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020, deren Daten schon vorliegen, konnte die Rekordsumme in Höhe von 8,3 Mrd. Dollar an VC-Investitionen verzeichnet werden.
Wir gehen davon aus, dass Fernunterricht und neue Technologien im Klassenzimmer auch nach der Pandemie kontinuierlich adaptiert werden.
Deutsche „Companies to watch“: Sofatutor und Lingoda
Das Gesundheitswesen durchläuft weltweit eine dringend notwendige Neuausrichtung. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens zeigt sich insbesondere in der zunehmenden Verlagerung weg von persönlichen Arztbesuchen hin zur Telemedizin und der virtuellen Patientenversorgung. Patienten entscheiden sich immer mehr für die Verwendung von Video und Fotoaufnahmen, um den Ärzten ihre Symptome zu beschreiben, anstatt die inzwischen teilweise mühsame Terminierung eines persönlichen Besuchs einer überfüllten Arztpraxis durchzuführen. Frost und Sullivan schätzen das Wachstum der Telemedizin bis 2025 um das Siebenfache, was einen CAGR (durchschnittliche Wachstumsrate) von 38,2% über fünf Jahre bedeutet. Als Folge der Pandemie gehen wir davon aus, dass sich mit zunehmender Digitalisierung die Beziehung zwischen Patienten und Arzt grundlegend verändern wird, weil moderne Technologien die von Ärzten ausgeführten Aufgaben optimieren und ergänzen werden. Künstliche Intelligenz wird ebenfalls zunehmend mehr eingesetzt werden, um viele der Patientenfragen und die Terminplanung ohne großen Personalbedarf bearbeiten zu können.
Die Notwendigkeit der sozialen Distanzierung hat die Menschen aller Alters- und Berufsgruppen dazu gedrängt, online zu arbeiten, online zu lernen, online zu kommunizieren und online einzukaufen. Die Online-Einzelhandelsumsätze in den USA verzeichneten allein zwischen Q1 und Q2 2020 einen Anstieg um 4,3 Punkte, was den Paradigmenwechsel zum E-Commerce widerspiegelt. Trotz des Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der makro-ökonomischen Herausforderungen hat sich das Wachstum des E-Commerce im Wesentlichen um vier bis sechs Jahre beschleunigt. Angesichts der veränderten Konsummuster auf der ganzen Welt erwarten wir, dass auch die ältere Bevölkerungsgruppe im Bereich E-Commerce zunehmend an Bedeutung gewinnt und mehr online kauft. Ebenso rechnen wir mit einer steigenden Nachfrage nach der „Buy Online, Pick-up In Store (BOPIS)“ Variante des Online-Einkaufs. Laut einem von PWC veröffentlichten Bericht, beziehen 28% der europäischen Verbraucher, die in städtischen Gebieten leben, ihre Lebensmittel während des Lockdowns online – das bedeutet einen Anstieg um 10 Prozent im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie. Weil auch ältere Bevölkerungsgruppen immer mehr die Vorteile und Möglichkeiten des Online Handels schätzen, gehen wir davon aus, dass der demografische Wandel im E-Commerce auf absehbare Zeit weiter zunehmen wird.
Deutsche „Companies to watch“: Delivery Hero, Gorillas und Flaschenpost
Videospiele haben sich in den letzten 40 Jahren dramatisch weiterentwickelt und die Reichweite des Spielens hat stark zugenommen. Aus Spielen wurden soziale Plattformen, die Menschen einen neuen Ort bieten, an dem sie sich zum Ausdruck bringen, persönliche Beziehungen aufbauen oder alte und neue Freundschaften pflegen können. Im Jahr 2019 betrug die Spielzeit in den USA im Durchschnitt sieben Stunden und sieben Minuten pro Woche – eine Steigerung um 20% gegenüber dem Vorjahr. Aufgrund der Pandemie dürfte die Spielzeit im Jahr 2020 weiter deutlich zunehmen.
Mehr Einblicke und Daten dazu kann man in unserem vor kurzem veröffentlichten Report "Social Gaming - Fueling our relationships" erhalten. Dort werden Faktoren untersucht, die das Gaming zunehmend sozialer und zugänglicher machen und die wichtigsten Trends analysiert, die den Gaming Sektor in Zukunft verändern werden.
Deutsche „Companies to watch“: Upjers
Die Kombination aus Home Office (Telearbeit), neuen Datenschutzbestimmungen und zunehmender Nutzung von Subscription Software hat Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit in den Vordergrund gerückt. Datenschutzbestimmungen wie GDPR und CCPA wurden eingeführt, um Verbraucher zu schützen, konnten jedoch Datenschutzverletzungen nicht endgültig beseitigen. Dies zeigt sich in den hohen Bußgeldern, die bereits gegen zahlreiche Technologieunternehmen wie Google oder Facebook verhängt wurden. Daher stellen sich viele Verbraucher die Frage, ob ihre Daten überhaupt sicher sind und einige entscheiden sich sogar gegen die Vorteile der Personalisierung zugunsten von mehr Privatsphäre. Produkte, die Datenschutzkontrollen anbieten, werden nicht nur ein Unterscheidungsmerkmal für Technologieunternehmen sein, sondern sie werden sich in Zukunft zum Standard für Verbraucher entwickeln.
Deutsche „Company to watch“: Usercentrics
Nach dem Ausbrauch der Pandemie hatten Fitnessstudios zwei Möglichkeiten: Digitalisierung oder Untergang. Die Anbieter mussten ihre Plattformen digital transformieren, um zu überleben. The Telegraph geht davon aus, dass der globale Markt für Fitness-Apps zwischen 2019 und 2026 ein jährliches Wachstum von 21% verzeichnen wird. Die Zukunft von Fitness ist digital und Digital Fitness ist ein neuer Stern im globalen Ökosystem der Subscription Software für Verbraucher. Durch das fast unbegrenzte Angebot und eine wettbewerbsfähige Preisstruktur wird Online-Fitness als echte Alternative zu traditionellen Fitnessstudios weiter boomen.
Deutsche „Companies to watch“: Urban Sports Club, Freeletics, 8fit & 7NXT (mit der Tochterfirma Gymondo) sowie Asana Rebel
Digital Wallets, einst nur eine Nischenlösung für die Techies, sind in den letzten Jahren immer populärer geworden und haben sich zum Mainstream entwickelt. Die Pandemie hat unser Nutzungsverhalten und den Umgang mit Bargeld grundlegend verändert und wir sind Zeuge einer tektonischen Verschiebung des Verbraucherverhaltens hin zu digitalem Banking und digitaler Bezahlung. Bis zu 60% aller Zahlungen erfolgten bereits im Jahr 2019 kontaktlos. Heute nutzen mehr als die Hälfte der Verbraucher ihre digitalen Geldbörsen und bemerkenswerte 75% nutzen eine App für das digitale Bezahlen. Wir erwarten einen rasanten Fortschritt im digitalen Banking, sowohl in entwickelten als auch den Schwellenländern.
Deutsche „Companies to watch“: Sumup, Unzer, Computop, Payone und RatePay/Concardis
Mit Beginn der Pandemie im 1. Quartal 2020 begannen die Unternehmen, ihre Mitarbeiter ins Home Office zu verlagern, um die Verbreitung von COVID-19 zu verlangsamen. Der Arbeitsplatz im Büro wurde gegen den Schreibtisch zu Hause eingetauscht und viele Unternehmen mit effizienten Remote-Arbeitsmodellen konnten eine Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter zwischen 15% bis 40% verzeichnen. Das lässt sich vor allem darauf zurückzuführen, dass bereits vorhandene Tools z.B. für interne Kommunikation, Projekt Management, Videokonferenzen und Online-Zusammenarbeit zuvor eher selten verwendet wurden. Zum Beispiel Asana, Zoom, TeamViewer, Slack, Google (G-Suite) und Microsoft (Teams) verzeichneten alle einen deutlichen Anstieg der Nutzungszahlen. In Q1 verzeichnete Slack einen Rekord von netto 12.000 zahlenden Firmen-Neukunden, während Microsoft Teams Anfang März sogar innerhalb einer Woche 12 Millionen täglich aktive User hinzu gewinnen konnte, weil es auf der aktuellen Microsoft-Kundenbasis aufsetzt. Wir glauben nicht, dass das Konzept der physischen Büros in Zukunft auf der Strecke bleibt, aber Arbeitgeber werden Arbeitsmodelle hinterfragen und neu definieren müssen, um den veränderten Anforderungen von Arbeitnehmern zu entsprechen und deren Produktivität gleich hoch zu halten oder sogar weiter zu steigern.
Durch die von Covid-19 stark beschleunigte Veränderung hin zu digitalen Kanälen und Erlebnissen ist das digitale Kundenerlebnis (Customer Experience – CX) ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal und das ultimative Schlachtfeld für Marken weltweit geworden. Viele Verbraucher erwarten jetzt personalisierte Erlebnisse über das gesamte digitale Nutzungsspektrum hinweg, was wiederum Kundenbindung und Umsatzwachstum für Unternehmen bedeutet. Customer Experience (CX) ist mehr als nur traditioneller Kundenservice oder klassisches Marketing. Um am Markt bestehen zu können, müssen Unternehmen ihre Marketingstrategien grundsätzlich überdenken. Die Auswertung und das Interpretieren bzw. Verstehen von riesigen Kundendaten ist ein Schlüssel zur Verwirklichung dieser Vision. Viele Unternehmen machen sich mittlerweile Zero- sowie First-Party-Daten zu Nutze, um einzigartige personalisierte Erlebnisse für Anwender zu schaffen. Wir erwarten eine steigende Nachfrage nach Customer Experience Plattformen, die auf Daten von Erstanbietern und automatisierten Entscheidungen basieren, mit einem Akquise-Fokus auf AI-gestützte Systeme zur Analyse von Kundendaten. Wir gehen davon aus, dass es weiterhin eine fortschreitende Konsolidierung zwischen Marketing Automation, CX und Cloud Kommunikationsakteure geben wird, weil die Konvergenz von Marketing, Kundenerfahrung und Cloud-Kommunikation an Dynamik gewinnt.
Deutsche „Companies to watch“: SAP, Remerge, Contentsquare, Emarsys, Zeotap, ProtonMail und Quantilope
Am 10. Juli 2008 startete mit dem Apple App Store eine der bislang innovativsten digitalen Vertriebsplattformen. Softwareentwickler haben die Möglichkeit, ihre Software und Apps in einer sicheren Umgebung zu entwickeln und diese mittlerweile an eine sehr große bestehende Userbasis über die Apple-, Android- und Microsoft- App-Stores zu verbreiten. Games-Konsolen und viele andere Anbieter sind nachgezogen. Allerdings hat sich diese Beziehung in den letzten Jahren gravierend verändert, weil Apples Provision für App-Verkäufe und In-App-Käufe mittlerweile auf 30% gestiegen ist. Dieses Verhalten hat zu großer Frustration und schließlich Vergeltungsmaßnahmen bei einigen der größten Entwickler geführt. Der Fortnite-Entwickler Epic Games reichte eine Klage gegen Apple ein und steht damit nicht alleine da. Die Liste der Entwickler, die für Chancengleichheit kämpfen, wird immer länger. Mit Unterstützung der großen Player sehen vor allem kleinere Software- und App-Entwickler diesen Kampf als eine Gelegenheit an, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Um dieser Aufruhr entgegenzuwirken, halbierte Apple seine Provision – jedoch nur für die kleineren Entwickler. Wir sind davon überzeugt, dass Apple die Gebühren für einige oder alle Apps noch weiter senken muss, um regulatorische/wettbewerbsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden und die bisher eigentlich guten Beziehung zu Entwicklern aufrecht erhalten zu können, da andere Vertriebsplattformen versuchen, sich gegenüber Apple’s dominanter Marktstellung zu behaupten. Zunehmend mehr Entwickler drängen auf eine Reduzierung der Gebühren, daher gehen wir davon aus, dass Apple sein striktes „one-fits-all“ System anpassen wird. Außerdem werden immer mehr Unternehmen den immensen Einfluss von Apple auf das Ökosystem in Frage stellen.
Die mittlerweile 14. Ausgabe unseres jährlichen „Technology Predictions Report“ erscheint in einer Zeit der Marktvolatilität, die wir sie seit der globalen Krise von 2008 nicht mehr erlebt haben. Unser Team geht davon aus, dass sich die Prognosen für das Jahr 2021 noch schneller als in der Vergangenheit bewahrheiten werden, was auf die beschleunigten gesellschaftlichen Veränderungen und die Auswirkungen der von der COVID-19-Pandemie ausgehenden Risiken für die öffentliche Gesundheit zurückzuführen ist.
Der komplette „Technology Predictions 2021“-Report steht auf unserer GP Bullhound Website kostenlos zum Download zur Verfügung.